Tessiner Alpen, 1920, Kohlezeichnung, 20 x 35 cm
 


 


LOTTE HÖRMANN - SILLER



ALLEIN GOTT ZUM RUHME

Lyrisches Tagebuch
Gemälde und Zeichnungen
der Malerin und Dichterin
III
Herausgegeben von
MICHAEL GNADE

Lotte Hörmann-Siller:
                                        Allein Gott zum Ruhme

Band III des Gesamtwerkes von Lotte Hörmann-Siller in drei Bänden.
Je Band ca. 80 Seiten mit 40 Gedichten, 40 Gemälden und Zeichnungen,
wovon hier jeweils einige Bilder in Verbindung mit Lyrik vorgestellt werden.

Copyight 2002 Lotte Hörmann-Siller Archiv
Michael Gnade - Im Alten Feld 23 - 51429 Bergisch Gladbach
Dina Savi -
dinasavi@netcologne.de



 

 

     

                                                           Aus den lyrischen Tagebüchern

                                                                                                                                                                                                   
Januar 1934 
 
              Wie eine Schale bietet sich mein ganzes Sein dem Gotte dar, der sich so streng verschließt; -
ob aus dem großen Schweigen mir ein Tropfen blüht ?
  - - - Die Seele harrt und sinnt auf Opferung. - - -
Und da, - ein Herzschlag lang, - gewandelt Fläche, -
 bewegt, gewellt zum großen Welten-Rhytmus hin!
Geheimnisvolles Wunder,
 wenn im Geschöpf der Schöpfer aufersteht.
                                                                                                                  - - - Ich wusste einen Augenblick von meinem Leben! 

 

 


                                                                                                               
Bergisches Land, Pastell 1954, 40x 60 cm

     
                                                      November 1934

Wenn die Gewalt der Landschaft wuchtend niederdrückt,
Landstraßen endlos in die Weite gehen,
Herbststürme alle Heimat ferne rückt, -
Dann zieh ich wandernd meine Straße hin, -
Von der Unendlichkeit des Himmelsraum umwölbt.
 


Was in verklärter Hülle farbenfroh geformt,
Zieht jetzt nach innen, nimmt sich wieder aus den Dingen fort.
Und was vertraut und nah in sommerlicher Schöne,
Harrt einsam nun und fern im Blick der Ewigkeit!
Die Häuser alle, Wege, Acker, Tier und Mensch
Ist eines nun vor Dir, Herr, der Du sie umfängst.
 

 

 


          
          
Antlitz einer Arbeiterfrau aus Charlottenburg, 1916
Kohlezeichnung 20 x 30 cm

     



                                       3. Mai. 18.

Ich habe so oft mich vergebens gemüht
Statt stille vor meinem Gotte gekniet.

Hab in den lauten Tag mich gedrängt
Statt in Gottes Tiefe mich liebend versenkt.

Mußt immer haben ein hastvolles Tun
Statt einsam in meinem Gotte zu ruhn.

Nie wirst du große Sehnsucht los
Kennst du dies quälende Suchen bloß.

Sei stille und warte auf Gnade nur
Ganz sicher erlebest du Gottes Spur.

Dann nimm ihn mit, und schaffet zu zwei’n
Wie köstlich muß so deine Arbeit sein.
 

 

   







                                                         2. Okt. 1920

Mit tausend Fäden fühl ich wieder mich gebunden an meine Erde, Du mein weites Land; und tausend Wunden bluten wieder neu, wo überwunden glaubte ich den Schmerz und stille. - So fein dünkt mich hätt ich die Fäden abgeknüpft, und zuckend, brennend reißen wieder sie am Herzen mir. Unlösbarer als je schein ich gekettet. Der Regen wohl hat sanfte Schleier mir vor meinen Blick gesenkt, - und ach - aller gute Wille ist dahin, seh ich nur eine Linie, die mich tief entzückt und warmer Sonnenfarben leuchtend frohe Pracht. Ein selger Duft von ferner Bläue, - so wird mein Herz bedrängt mit innerlicher Stärke und nichts, ach nichts, scheint mir so wert zu sein, als hingebend zu verschmelzen sich den Dingen und ganz, ganz tief in aller Schönheit sein.-

Ach, kann man sich vom eignen Leben trennen? In welchen Abgrund stürze ich; werd wieder ich geboren, blühen neue ungeahnte Quellen mir entgegen, und wächst mir neue Kraft, wo ich der alten bar? Mit tausend heißen Fragen dräng ich zu meinem Gott, zu meinem Selbst mich hin. Ach helfe mir, daß wert ich bin ein Mensch zu sein. -

   
                          Blick vom Siebengebirge auf den Rhein, Pastell 1955, 30 x 40 cm
 

 

     

                                                              Einsamkeit                                                     Hofgeismar Sept. 1956

Immer wieder muß ich mich abstoßen, wie ein Schwimmer vom Lande,
                                                 aus dem sicheren Gefilde der Menschen in den einsamen Raum.
Und werd' ich von Angst gepackt, faßt mich der Schauer der Einsamkeit,
                                                 so streckt ich mich auch - o - unendliche Süße, -
aus auf schweigsamer Erde, lausche dem Rhythmus der Schöpfung,
                                                 so des Himmels Wolken über mir stehn, die Früchte des Herbstes mich umrauschen!
Dank meinem fühlenden Herz, - Dank, o Gewaltiger, Dir, -
                                                 und bin ich auch nichts, so doch Gefäß, und immer wieder Schoß, das Deine Vielfalt hält.
Und siehe, dies wurd’ ich - spät erst - gewahr:
                                                 auch die gequälte Kreatur kann singen Dein Loblied und steht nicht von ferne!

 

 

 


                                                                                                                     Felder 1963, Pastell 40 x 55cm

 

 

                                  28. Aug. 23

            Wanderlied

Immer muß ich die Weite der Felder
           in meinem Herzen tragen,
Immer muß der Rhythmus der Fernen
           in meinem Blute schlagen,
Immer muß ich den dampfenden Atem
          der Erde verspüren,
Jagende Wolken müssen den Reigen
          in mir anführen.
 

Oh, daß ich einmal ganz ein Dank
          und ein Loblied könnt werden,
Mit allem Jubel und Blühen und
          schwerem Schreiten der Erden,
Und alle nicht endende Glut der
          unerschöpfbaren Schöne
So innig mit meiner armen
          Begrenztheit versöhne,
Daß im klingenden Kreis der Kraft
          und der ewigen Güte,
Ein glühender Tropfen aus Gott
          mein flammend Gemüte.
 

Wie wollt ich in Demut und heiliger
           Schönheit mich beugen,
Alltäglich neu dich, mein Gott,
           im Strom der Liebe bezeugen. -
 

 

 


                                                                                                                  Kohlezeichnung von 1918, 18 x 30 cm


 

  Osterlicht    

Fluten vom silbernen Mond,
Wellen des sanftesten Lichts
          
                     über die Erde dahin,
Möcht ich, in Händen das Herz,
Emporgewandt stehn im Gebet,

  Das keine Falte sich kalt
Noch im Dunkel versteckt,
Und nicht bewegt und entrückt
Im österlich-göttlichen Lichte
       
          erneut und gewandelt ersteht.

 

 


                                                                                                                              Abendweg, Pastell 1964, 40 x 60 cm

 




 

Seelen - Lust


LOTTE HÖRMANN - SILLER


SEELEN - LUST

Lyrisches Tagebuch
Gemälde und Zeichnungen
der Malerin und Dichterin
I
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MICHAEL GNADE


Zwischen Erde und Himmel


LOTTE HÖRMANN - SILLER


ZWISCHEN ERDE UND HIMMEL

Lyrisches Tagebuch
Gemälde und Zeichnungen
der Malerin und Dichterin
II

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Allein Gott zum Ruhme


LOTTE HÖRMANN - SILLER


ALLEIN GOTT ZUM RUHME

Lyrisches Tagebuch
Gemälde und Zeichnungen
der Malerin und Dichterin
III
Herausgegeben von
MICHAEL GNADE

 


Die Schatz-Truhe


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